Statistiken – Fluch oder Segen?

Eigentlich ist es eine wunderbare Grundidee, das Können der Spieler in Zahlen zu fassen und damit die Leistung eines jeden vergleichbar zu machen. Eigentlich. Leider ist das zum einen schwerer als es aussieht und zum anderen wir das gerne missbraucht oder dient als Ansporn für einen übertriebenen Ehrgeiz oder der Selbstdarstellung. Schon seit gefühlt immer wird in der World of Warsips (WoWS) Gemeinschaft heftig diskutiert, ob so etwas wie XVM aus World of Tanks (WoT) auch bei den Schiffen zu begrüßen oder zu verdammen wäre. Und es wundert angesichts der indirekten Auswirkungen im Spiel und der vermeintlichen Schlagkraft der Statistik-Keule in Forendiskussionen, wobei ich mich an dieser Stelle gleich einmal schuldig bekennen muss, dass ich auch hin und wieder dieses Argument auspacke. Und ja, wenn jemand im Spiel zu sehr nervt und in völliger Überschätzung der eigenen Leistung alle anderen Spieler als “noob”, “idiots” oder “morons” beschimpft, dann suche ich mir auch schnell mal seine Werte raus und hau sie ihm verbal um die Ohren. Aber natürlich tue ich das nur zum Besten für das Spiel … oder zumindest rede ich mir das erfolgreich ein. Aber zurück zur eigentlichen Frage, ob es nun sinnvoll ist solche Statistiken zu haben oder nicht.

Generell muss man sagen, dass Statistiken genau den Punkt bei den meisten Spielern berühren, weshalb diese kompetitive Spiele wie WoWS spielen, denn es geht immer auch um den Vergleich mit anderen Spielern. Um ein Kräfte messen wie bei jedem Sport. Wer ist schneller, wer schafft dies oder jenes, kurz gesagt, wer ist besser. Natürlich geht es auch um den Spaß an sich, die Entspannung nach Feierabend, das Miteinander und die Erfolge und Dinge die man erreicht, wie neue Schiffe frei schalten, einen neuen Rang erreichen usw. Aber es geht auch um den Sieg, das Gewinnen, anderen eine schöne Salve rein zu drücken oder geschickt den feindlichen (oder auch freundlichen) Torpedos auszuweichen, denn ich denke kaum einer wird WoWS auf lange Sicht spielen, wenn er immer nur verliert. Aber muss man deshalb die eigene Leistung gleich belegbar machen? Reicht es nicht aus, dass wir für uns wissen, was wir geleistet haben und irgendwann genug Erfahrung und credits gesammelt haben um uns das nächste Schiff zu leisten? Ich bin an dieser Stelle ehrlich und sage: Nein, mir würde das nicht reichen. Ich schaue gerne nach einer Spielsitzung am Abend auf meine Statistikseite und kucke nach was meine Werte so über den Abend verraten und wenn ich dann eine positive Entwicklung sehe, freue ich mich auch und finde, der Abend war nicht nur schön, sondern auch erfolgreich.

Wargaming.Net (WG) bedient mit den Statistiken den Poser in uns, den Möchtegern-Pro-Gamer und das Alphamännchen (oder -weibchen, wir wollen ja nicht die Damen ausgrenzen). Das ist auch nicht weiter schlimm wie ich finde, denn das kann auch ein guter Anreiz sein um über seine Schwächen und seine Stärken nachzudenken und sich zu verbessern. Aber natürlich kann man damit auch seine Leistung und damit sich selber der ganzen Welt präsentieren und warum auch nicht? Es ist nicht falsch oder verwerflich sein Können anderen zu zeigen, sei es mit Signaturen im Forum über Seiten wie Stats-Sig.eu, die von den Inhalten der offiziellen Statistikseite gefüttert werden. Zumindest empfinde ich das so, aber es ist leider kein weiter Weg von da an zu dem Punkt an dem es unschön wird. Hybris ist unschön und vor allem wird es schnell bedenklich, wenn aus dem Versenken von Pixeln auf einmal das Selbstbewusstsein gezogen wird, wie es offenbar bei einigen Spielern der Fall zu sein scheint. Sprich, wenn aus guten oder schlechten Statistiken bzw. dem Gefällen zwischen den Spielern per se ein Überlegenheitsanspruch abgeleitet wird und dieser automatisch auf jeden Bereich des Spiels, des Drumherum und teils sogar des ganzen Lebens ausgedehnt wird. Schnell sind dann die Vorteile bei der Hand, sei es “l2p” auf der einen oder “arbeitsloser Dauerzocker” auf der anderen Seite.

Toxisch fürs Spiel wird es aber, wenn schon vor Beginn der Runde einige Spieler, berechtigt oder nicht, die Augen verdrehen angesichts der Wertungen der Spieler. So geschieht es wegen XVM bei WoT jeden Tag, jede Runde und regelmäßig wird damit der Chat schon vor Ablauf des Countdowns unschön – wenn man es höflich formuliert. Faktisch werfen hier bereits die ersten Spieler, die meinen sie wären die Spitze der Spielerschaft, innerlich bereits das Handtuch, was für die Chancen des Teams nicht gerade förderlich ist. Zwar kommt auf der anderen Seite auch ein wenig Überheblichkeit dazu, die unter Umständen dazu führen kann, dass das statistisch überlegen Team untergeht, weil sich keiner sonderlich anstrengt, aber das sind die Ausnahmefälle, nicht die Regel. Nun kann man sagen, man braucht XVM um seine Mitspieler einschätzen zu können, also wie weit man sich auf sie verlassen kann. Das mag durchaus stimmen, aber schützt einen leider nicht vor dem Augenverdrehen beim Anblick der Wertungen des eigenen Teams, denn davor ist man einfach nicht vollständig gefeit und das beeinflusst einen immer unterbewusst (mal mehr, mal weniger).

WG will in manchen Punkten die Wirkung von Statistiken dämpfen, indem sie an einer Funktion arbeiten, die es erlaubt die Sichtbarkeit der eigenen Werte für andere Spieler zu beschränken. Natürlich wird es dann die Aussagen “Du spielst so scheisse, du traust dich nicht mal deine Stats zu zeigen!” geben in Diskussionen, aber ich hoffe hier ein wenig auf das “Aus den Augen, aus dem Sinn” Prinzip. Allerdings gibt es schon Seiten die Statistiken von vielen Spielern sammeln und auswerten, wie z.B. warshipstats.com und auch wenn es dort interessante Dinge zu lesen gibt, verwenden viele Spieler diese Daten dort nicht mit der nötigen Vorsicht. Denn die Daten dort z.B. sind, trotz der schönen Präsentation, nicht wirklich repräsentativ und damit ist jede Argumentation auf Basis solcher Daten (oder Bewertung von Spielern) potentiell nicht richtig. Das ist nämlich ein weiterer Punkt, der bei all den Zahlen leider untergeht, dass diese blind und ohne Kontext herangezogen werden. Damit unterstelle ich nicht, dass sie generell falsch sind, aber ich erkenne bei mir regelmäßig, dass z.B. meine Werte deutlich besser sind, wenn ich gemeinsam mit Freunden in einer Division unterwegs bin. Und von den Anpassungen und Änderungen bei der Berechnung der Werte, oder was alles berücksichtigt wird und was nicht (Stichwort Bonus durch Premium-Konto), durch WG wollen wir hier lieber gar nicht anfangen. Solche Dinge können Spieler besser oder schlechter aussehen lassen als sie eigentlich sind.

wg_stats_vanilla

Völlig verschwinden wird das Thema aber niemals, denn dazu ist den Spielern und damit WG der e-peen einfach zu wichtig. Aktuell gibt es XVM für WoWS noch nicht, aber da WG fleissig an einer API-Schnittstelle arbeitet und es bereits Seiten gibt, die Vergleiche zulassen und vor allem Teile der Spielerschaft auf solche Statistiken scharf ist (aus welchen Gründen auch immer), würde es wundern, wenn XVM (oder etwas in der Art) nicht den Weg ins Spiel finden würde. Die Frage die sich dann jeder stellen muss ist, wie er sich den Einflüssen dann stellt – nur indirekt oder auch direkt. Ganz entziehen wird man sich nicht können, denn sobald nur ein paar Spieler so etwas benutzen wird man indirekt schon beeinflusst (oder direkt im Chat beschimpft). Aber muss man deshalb selber beginnen die Mitspieler auf eine Zahl zu reduzieren?

Fazit

Wo ist also die Grenze zwischen gesunder Information, ein wenig Stolz und dem Vergiften des Spiels? Sind Signaturen mit den eigenen Folgen nur die Einstiegsdroge auf einem unheilvollen Pfad ins Verderben? Oder beginnt die dunkle Seite der Statistiken erst, wenn jeder Spieler im Spiel ohne es zu wissen oder gar zu wollen in eine eingefärbte Zahl umgewandelt wird? Ist es für das Spiel gut, wenn Spieler auf Seiten gezielt nach dem Schiff suchen, dass den meisten Schaden, die meisten Abschüsse oder die meiste Erfahrung pro Runde einbringt, um möglichst tolle Werte zu erreichen oder zeigt das vielleicht nur Schwächen in der Balance auf? Für mich endet der Sinn von Statistiken dann, wenn versucht wird, diese nur für sich genommen, als Argument einzusetzen. Wie ich oben schon zugegeben habe, bin ich auch anfällig dafür, mal die Werte eines Spielers gegen ihn zu verwenden, aber zumindest im Forum bemühe ich mich, nicht die Zahlen selber als Argument zu verwenden, sondern diese als Indikatoren für zugrundeliegende Schwächen zu nehmen (ich hoffe, das ist mir bisher immer gelungen, falls nicht, entschuldige ich mich an dieser Stelle). Zwar bleibt die Aussage “Du hast keine Ahnung.” dennoch bestehen, aber halt mit einer – hoffentlich – besseren und fundierteren Begründung als nur “weil deine K/D scheisse ist”. Was den Nutzen von XVM angeht, so nutze ich es bei WoT, einfach aus Gewohnheit, da es Teil meines Mod-Packs ist. Allerdings bin ich nicht geneigt bei WoWS den gleichen Fehler zu machen, denn als solchen betrachte ich es inzwischen. Zu sehr verstärkt es die negative Einstellung eines Großteils der Spieler zum eigenen Team und zerstört in meinen Augen mehr als es wirklich hilft.

2 Gedanken zu „Statistiken – Fluch oder Segen?

  1. Hallo Hurtz,

    ich bin kein guter Spieler … und meine Stats belegen das auch. Trotzdem spiele ich gerne WoWS. Ich ärgere mich, wenn ich aus eigener Dummheit versenkt werde. Ich ärgere mich, wenn mein Team verliert. Auf der anderen Seite freue ich mich wenn eine Taktik aufgeht. Ich freue mich, wenn mein Team gewinnt. Und ich freue mich, wenn der CV, den ich das ganze Gefecht über beschützt habe, das Ende des Gefechtes erlebt … auch wenn mein Kreuzer dann schon unter den Wellen verschwunden ist.

    Und ja – ich freue mich auch, wenn meine Stats nach oben gehen … denn für mich heisst das, das meine Lernkurve steigt.

    Meist bleibe ich bis zum Ende des Gefechts und versuche, den anderen mit Hinweisen über den Chat zu helfen. Manchmal habe ich dafür sogar schon Dank bekommen … wenn es auch selten ist, so ist es doch schön.

    Was ich nicht brauche sind Bemerkungen im Chat wie “Noob Team – go dying!” oder “You sank, so stay out of chat, n00b!”

    Brauche ich Stats? Hmmmmm … eigentlich nicht. Viel wichtiger ist mir gute Zusammenarbeit im Team (was recht selten ist), ein guter Umgang miteinander (in WoWS im Gegensatz zu WoT akzeptabel) und Spaß am Spiel. Gerade für Letzteres brauche ich keine Zahlen.

    1. Ich gebe dir völlig recht, dass man keine Stats braucht, aber sie können hilfreich sein sich zu verbessern. Aber Spaß sollte echt an erster Stelle stehen und wie du sagst, freut man sich ja wenn man mit seinem Team gewinnt. Daher ja auch meine Anregung damit das vielleicht ein paar Mal öfter gelingt. Aber vor allem soll es wie du sagst Spaß machen und egal ob Unicum oder Gelegenheitsspieler, man sollte immer mit dem Team spielen, denn alleine sinkt man viel zu schnell. 🙂

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